Loud Quitting - Seine Arbeit mit Paukenschlag verlassen
CV direkt erstellenBrav ein Schreiben aufsetzen, dieses beim toxischen Chef einreichen, sich am besten noch dreimal höflich verbeugen und dann hat man gekündigt – von wegen! Manchmal ist eine Arbeitsstelle so frustrierend, stressig und macht einen so wütend, dass man die Kündigung am liebsten rausschreien würde. Was früher vielleicht für Hollywoodfilme reserviert war, ist jetzt im Trend: Loud Quitting.
Warum denn höflich gehen, wenn mit einem nie höflich umgegangen wurde? Wenn der Arbeitsplatz auf die Gesundheit geschlagen hat? Darum geht es bei Loud Quitting. Warum das gerade so im Trend liegt, wie Loud Quitting funktioniert und was die Risiken sind, erklären wir Dir in diesem Artikel.
Was bedeutet Loud Quitting eigentlich?
Loud Quitting bedeutet lautes Kündigen und wird als Gegensatz zum quiet quitting angesehen, beides sind Trends, die in der heutigen Arbeitswelt zu beobachten sind. Während, wer leise kündigt, sich einfach von Verantwortungen und der Arbeit an sich zurückzieht, bevor er dann vollständig geht, kündigt jemand laut, wenn er eindrucksvoll und lautstark seine Kündigung vorträgt.
Was bringt Leute dazu, eine Kündigung öffentlichkeitswirksam durchführen zu wollen? Meistens sind es Umstände im Unternehmen, die so schon lange gestört haben. Mag es ein toxisches Umfeld, eine schlechte Work-Life-Balance, schlechte Bezahlung, ein schlechter Chef sein oder sogar Gründe wie Mobbing, gegen das nichts getan wird.
Jeder von uns kennt es, dass es bei der Arbeit Dinge gibt, die nerven, oder nicht so laufen, wie man sich es wünscht. Das führt aber in der Regel nicht sofort zu einer solchen Kündigung. Nur wenn die Unzufriedenheit einen Siedepunkt erreicht hat, wird Loud Quitting genutzt, um sich vom Arbeitgeber zu verabschieden. Dabei geht meistens eine lange Periode von Quiet Quitting voran.
Wer sich monate- oder jahrelang schlecht behandelt und ignoriert fühlt, der ist schneller geneigt, beim Ausstieg aus dem Beruf noch einmal lautstark die Meinung zu sagen. Wer Loud Quitting nutzt, um zu Kündigen, möchte gesehen und gehört werden, er möchte in Erinnerung bleiben, meist weil er das Gefühl hatte vorher nicht gehört zu werden.
Viel davon passiert auf Tiktok. Unter dem #quittok finden sich etliche Geschichten von Leuten, die Loud Quitting genutzt haben. Daher wird der Trend gerne mit GenZ in Verbindung gebracht. Trotzdem zeigen Umfragen, dass alle Altersgruppen gerne vom Loud quitting Gebrauch machen, wenn sie ansonsten nicht ernst genommen werden.
Unser Karriereexperte Caio Sampaio sagt zum Trend von Loud Quitting:
“Loud Quitting zeigt eine fehlerhafte Führung in Unternehmen. Wenn Arbeitnehmende so frustriert sind, dass sie zu solchen drastischen Maßnahmen greifen, um zu gehen, dann ist vorher schon einiges schiefgegangen. HR-Abteilungen und Führungskräften ist es hier angeraten, Angestellten zuzuhören und eine positive Unternehmenskultur zu fördern, damit weder quiet noch loud quitting überhaupt nötig ist.”
So wird lautstark gekündigt
Aber was bedeutet es, sich laut und eindrucksvoll von der Arbeitsstelle zu verabschieden? Das kommt natürlich auf die Person an, die kündigen möchte und die Situation, in der sie sich befindet. Hier einige Beispiele für das “Loud Quitting”:
1. Sich am Arbeitsplatz beschweren
Wer bereits mit der Personalabteilung gesprochen hat, versucht, Probleme mehrmals mit Vorgesetzten und Kollegen zu klären und keine Resultate gesehen hat, der kann dazu geneigt sein, seine Unzufriedenheit einfach im Arbeitsalltag immer wieder zu äußern. Sei es, ein Meeting zu unterbrechen, Diskussionen anstoßen oder durch das Schreiben von passiv-aggressiven E-Mails. Schnell ist dann klar, dass dieser Arbeitnehmer kündigen will.
2. Auseinandersetzung mit dem Vorgesetzten
Chefs können manchen Arbeitnehmer zur Weißglut treiben. Oft wird diese Wut verdrängt, aber wer laut kündigen möchte, hat keine Sorge, ein paar Brücken niederzureißen. Offene Kritik, Auseinandersetzung und auch Streit vor Kollegen mit dem Chef sind da möglich. Dem Chef endlich mal die Meinung zu sagen, kann sehr befreiend sein.
3. Unternehmen über soziale Medien bloßstellen
Loud Quitting wird auch deshalb mit quittok verbunden, da viele über ihre Kündigung auf TikTok nicht nur erzählen, sondern sich dabei auch filmen. Dabei werden die Gründe der Kündigung breit ausgeführt, damit Freunde und Follower genau wissen, was den Arbeitnehmern am Unternehmen nicht gefallen hat.
4. Rundmail an alle
Wer einen ungeliebten Vorgesetzten, einen Kollegen oder das gesamte Führungsteam an den Pranger stellen möchte, der kann auch von einem offenen Brief Gebrauch machen. Hier können Missstände und Unzufriedenheit ausgeführt werden. Diese E-Mail wird schnell an das gesamte Unternehmen gesetzt, damit die Themen auch wirklich offen besprochen und nicht einfach unter den Tisch gekehrt werden.
5. Nicht mehr zur Arbeit auftauchen
Die drastischste Form von Loud Quitting ist es aber, wenn man einfach überhaupt nicht mehr zur Arbeit erscheint, also seine Mithilfe verweigert. Ein Bekannter hat das tatsächlich vor nicht allzu langer Zeit gemacht. Nachdem er 3 Monate kein Gehalt erhalten hatte, ist er einfach nicht mehr zur Arbeit gegangen. In solchen Extremfällen kann das meiner Meinung nach schon angebracht sein.
Zusätzlich können sich Arbeitnehmende, die kollektiv unzufrieden sind, natürlich auch zusammentun und mit dem Betriebsrat einen Streik verabreden. Je mehr Stimmen sich zusammenschließen, desto mehr Erfolg kann das haben.
Folgen von Loud Quitting
Ist Loud Quitting also eine einfache Möglichkeit, ein toxisches Arbeitsumfeld zum Umdenken zu bewegen und sich gleichzeitig selbst zu befreien? Naja, leider ist das ganze nicht so einfach. Denn obwohl es sich im Moment wahrscheinlich super anfühlt, kann diese Form der Kündigung weitreichende Folgen haben, die vielleicht nicht sofort klar sind.
Dieser Trend ist wie quittok aus den USA importiert. Dort sind Arbeitsgesetze anders als bei uns und weniger Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberschutz führen dazu, dass man seine Arbeitsstelle oft schon nach einer Woche oder zwei verlassen kann. In Deutschland geht das außer der Probezeit nicht. 3 Monate, 5 Monate oder sogar ein halbes Jahr Kündigungsfrist kann es schon geben.
Wer es also mit dem Chef, den Kollegen oder der Führung komplett versalzt, der wird noch lange mit ihnen klarkommen müssen. Denn warum sollte jemand, der unfreundlich war, ein Gefallen getan werden, indem man ihn aus seinem Vertrag entlässt? Eher wird er wegen öffentlicher Verleumdung noch angeklagt.
Und es gilt auch: Obwohl ein Arbeitszeugnis vielleicht nicht mehr das Nonplusultra der Bewerbungsunterlagen ist, kann es trotzdem die Chancen erhöhen. Wer also einen Wutausbruch hat, bevor er geht, kann das Arbeitszeugnis oder ein Referenzschreiben vergessen.
Wenn einem das aber alles egal ist, wer alles hinter sich lassen möchte, dem sei von einer öffentlichen Kündigung trotzdem abgeraten. Unternehmen sind vernetzter, als man es sich vielleicht auf den ersten Blick vorstellt. Auch in großen Feldern kennt man sich, nutzt soziale Medien um sich auszutauschen und trifft sich auf Konferenzen. Hast Du laut gekündigt, geht die Geschichte sicher schnell herum.
Hinzu kommt, dass eine Kündigung auf den sozialen Medien auch von zukünftigen Arbeitgebern gefunden werden kann. Natürlich macht es keinen guten Eindruck, wenn ein Bewerber über seine frühere Stelle online gelästert hat, egal ob es einen nachvollziehbaren Grund hatte oder nicht. Ein klassisches, kurzes Kündigungsschreiben ist Loud Quitting vorzuziehen, egal wie unfair sich das vielleicht anfühlt.
Fazit
Rund 80 % der Arbeitnehmenden in Deutschland sagen, dass sie von Kollegen unterstützt werden, das ist hoch, sagt aber auch, dass 20 % sich nicht unterstützt fühlen. Diese 20 % sind Teil der Zahl, die immer wieder in Artikeln genannt wird, wenn es um den Wunsch geht, den Arbeitsplatz zu wechseln, Tendenz steigend. Diese Unzufriedenheit baut sich mehr und mehr auf.
Wenn Unternehmen Arbeitnehmern nicht zuhören, sie nicht fördern, sie überarbeiten oder schlecht bezahlen, dann ist es keine Überraschung, dass das Wut hervorruft. Wut, die dann vielleicht ausbricht und in einer Aktion wie dem Loud Quitting endet. Aktionen wie beim Loud Quitting sind also fast immer ein Fehler der Unternehmensführung. Soweit sollte es niemals kommen.
Wenn eine Firma also wirklich so schlecht geführt wird, dass man sich gezwungen fühlt, öffentlich zu klagen oder einfach gar nicht mehr zur Arbeit zu gehen, ist es natürlich unfair, wenn ich trotzdem rate, von einem verärgerten Kündigungsschreiben abzusehen. Es ist nicht so, als verstehe ich den Frust nicht, aber die Folgen sind einfach zu weitreichend.
Besser ist es, sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen, eine neutrale Kündigung vorzulegen und sich dann einfach darauf freuen, dass man das toxische Arbeitsumfeld hinter sich gelassen hat. Natürlich kann man sich auch ausführlich bei Freunden und Familienmitgliedern beschweren.
Veränderungen in Unternehmen erzwingen kann eine einzige Kündigung wahrscheinlich nicht, also versperre Dir nicht alle Karriereoptionen, in dem Du aus Wut zu Loud Quitting greifst.
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